Trumps „größtes Interview der Geschichte“
Faktencheck: Sind unter Biden wirklich 20 Millionen Menschen illegal in die USA gelangt?
Trump und Musk (rechts) sprachen über zwei Stunden auf Musks Plattform X miteinander (Illustration).
Quelle: RND Montage Kurtar, picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Morry Gash, picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Patrick Pleul
Mehr als zwei Stunden hat Elon Musk mit Donald Trump live auf X gesprochen, der Ex-US-Präsident wiederholte dabei viele Lügen aus Wahlkampfauftritten. Der zuletzt nach rechts gerückte Unternehmer kam aus der Bewunderung für seinen Gesprächspartner trotzdem nicht heraus. Wir liefern Ihnen die Fakten.
Washington. Donald Trumps Wahlkampfteam hatte auf X das „größte Interview der Geschichte“ angekündigt. Ein ungefiltertes Gespräch zwischen Unternehmer-Superstar Elon Musk und dem republikanischen Präsidentschaftskandidaten sollte es werden. Die Aufregung war so groß, dass sogar EU-Kommissar Thierry Breton vorher noch einen Brief an Musk und X schickte, vor dem Verbreiten von Desinformation warnte und sich rechtliche Schritte vorbehielt. Sollten sich seine Mitarbeiter tatsächlich darum bemühen wollen, haben sie angesichts des Gesprächs nun eine komplizierte Aufgabe.
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Der Vorstandsvorsitzende von Tesla und SpaceX, Elon Musk, spricht mit dem damaligen US-Präsidenten Donald Trump (rechts), nachdem er den SpaceX-Flug zur Internationalen Raumstation im Kennedy Space Center in Cape Canaveral gesehen hat (Archivbild vom Mai 2020).
Quelle: Alex Brandon/AP/dpa
Zuhörerzahlen des Gesprächs: Darum geht es
Seit dem Aufstieg von Kamala Harris spricht Trump öffentlich immer wieder darüber, wie viele Menschen zu ihren Reden kommen. Zuletzt sorgte er für Aufsehen, weil er behauptete, ein Publiku*msfoto sei mit Hilfe von künstlicher Intelligenz gefälscht worden. Die Faszination des einst mit der TV-Sendung „The Apprentice“ berühmt gewordenen Präsidentschaftskandidaten für Zuschauerzahlen ist lange bekannt. In der vergangenen Woche erklärte er bei einer Pressekonferenz, dass seine Rede vor dem Kapitolsturm am 6. Januar 2021 so viele Menschen angezogen habe, wie die „I Have a Dream“-Rede von Martin Luther King.
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Am Montag war Trump während des Gesprächs bei X plötzlich überrascht: „Hier hören gerade viele Menschen zu, so was wie 60 Millionen oder so. Mein Glückwunsch. Werde ich hierfür bezahlt oder nicht?“
Das stimmt
Die 60 Millionen Zuhörenden, die Trump ansprach, waren die Page Impressions des Gesprächs – also die Zahl derer, die in ihrer X-Timeline den sogenannten Space sahen, in dem sie die Unterhaltung hätten anhören können. Kurz nach dem Ende des Gesprächs war diese Zahl auf 76,1 Millionen gestiegen.
X selbst zeigte an, dass 15,5 Millionen Menschen zugehört hätten – was wiederum alle umfasst, die irgendwann einmal einschalteten. Während der Unterhaltung war die Zahl der Zuhörenden meist mit rund 1 bis 1,2 Millionen angezeigt.
Das stimmt nicht
Die von Trump genannte Zahl an Zuhörerinnen und Zuhörern war deutlich übertrieben.
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So haben wir recherchiert
Screenshots wie derjenige des X-Users GURGAVIN zeigen 1,2 Millionen Zuhörer und Zuhörerinnen, das „Wall Street Journal“ zeigt 760.000 Personen. Die Nachrichtenagentur Reuters spricht von bis zu 1,3 Millionen, die britische BBC von ungefähr einer Million. Selbst der konservative Sender Fox News, der bisher als sehr Trump-nah gilt, spricht „nur“ von mehr als eine Million Zuhörern und Zuhörerinnen.
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Einwanderung in die USA: Darum geht es
Trump und die Republikaner wollen mit der Situation an der Südgrenze der USA punkten. Vor allem rechte Medien berichten häufig über Menschen in angeblichen „Migranten-Karawanen“, die über Mexiko ohne gültige Aufenthaltspapiere ins Land gelangen würden. Im Gespräch mit Musk sagte Trump, es habe in der Weltgeschichte keine Nation gegeben, die je ein schlimmeres Einwanderungsproblem gehabt habe. „Ich glaube, es sind über 20 Millionen Menschen in unser Land gekommen“, sagte er. Viele davon würden von anderen Ländern geschickt, indem diese „Gefängnisse und Irrenhäuser ausleeren“. Kamala Harris sei die „Grenz-Zarin“ genannt worden und hätte sich kümmern müssen.
Das stimmt
Harris hat am Anfang ihrer Vizepräsidentschaft 2021 das Thema Einwanderung zugeteilt bekommen. Sie war nicht konkret für die Grenzsicherung verantwortlich, sondern sollte sich um Fluchtursachen in Mittel- und Südamerika kümmern. Konkret vorgesehen waren Gespräche mit Guatemala, El Salvador und Honduras.
Das stimmt nicht
Trumps Zahl von 20 Millionen illegalen Einwanderern ist stark übertrieben. Parteikollegen wie Senator Ted Cruz oder Gouverneur Greg Abbott – beide aus Texas und mit langer Grenze zu Mexiko – sprechen von rund 11 Millionen Menschen. Das ist allerdings die Zahl an Grenzübertritten – nicht die Zahl an Menschen, denn viele Flüchtlinge versuchen mehrfach, ins Land zu gelangen. Millionen von ihnen werden zudem schnell wieder zurückgeschickt.
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Laut Schätzungen des Pew Research Center waren im Jahr 2022 insgesamt rund 11 Millionen Menschen illegal ohne die nötigen Aufenthaltserlaubnisse in den USA – der gleiche Wert wie vor rund 20 Jahren. Die Zahl ist bei weitem nicht um 20 Millionen gestiegen, und durch verschärfte Grenzmaßnahmen von Joe Biden ist die Zahl illegaler Grenzübertritte im Gegenteil sogar deutlich zurückgegangen.
Trumps Behauptung, andere Länder „leerten“ ihre „Gefängnisse und Irrenhäuser“, um Migranten an der Grenze in die USA einzuschleusen, ist haltlos.
So haben wir recherchiert
Kamala Harris und ihre Aufgabengebiete hat Politifact beleuchtet. Über die Zahlen der beiden texanischen Republikaner hat das „Fort Worth Star-Telegram“ berichtet. Pew Research hat viele Hintergrundzahlen zur Lage von Immigranten ohne Aufenthaltserlaubnis.
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Faktencheck: Wollen US-Demokraten ungewollte Babys nach der Geburt töten lassen?
Die USA haben eine extreme Präsidentschaftsdebatte erlebt: Joe Biden verhaspelt sich unzählige Male, Donald Trump wiederholt wieder und wieder dreiste Lügen. Aneinander gerieten sie unter anderem zum Thema Abtreibungen, zur Lage an der Südgrenze und zur Rolle der Nato. Wo lagen die beiden daneben? Wir liefern Ihnen die Fakten.
Volkswirtschaft und Inflation: Darum geht es
„Wir hatten die beste Wirtschaft aller Zeiten, vielleicht in der Welt“, behauptete Trump – dann sei aber die Corona-Pandemie gekommen, „das Geschenk aus Wuhan“. Er habe bis dahin die größten Steuersenkungen aller Zeiten vorangetrieben, sagte er. Nun aber würde Schinken im Supermarkt das Fünffache kosten.
Damit wiederholte Trump Standards seiner Wahlkampfrede, die bei vielen Wählerinnen und Wählern funktionieren. Besonders im Vergleich zu Biden hatten sie Trump eine besser Wirtschaftspolitik zugetraut. Unter Harris gibt es erste Umfragen mit noch wenigen Datenpunkten, die zeigen, dass sich diese Lücke schließen könnte.
Das stimmt
Viele volkswirtschaftliche Kennzahlen hatten sich unter Donald Trump gut entwickelt, Vorgänger Barack Obama hatte zudem eine gute Grundlage hinterlassen. Nach dem Amtswechsel und milliardenschweren Hilfspaketen zur Stützung der Volkswirtschaft in der Pandemie stieg unter Biden tatsächlich die Inflationsrate deutlich auf mehr als neun Prozent an. Sie liegt auch aktuell noch bei knapp über drei Prozent.
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Das stimmt nicht
Die Preise für Lebensmittel sind in den ersten drei Jahren von Bidens Amtszeit bis Anfang 2024 um rund 20 Prozent gestiegen – weit entfernt von der Verfünffachung am Beispiel von Schinken, von der Trump spricht.
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So haben wir recherchiert
Die Preissteigerungen für Lebensmittel hat Politifact auf der Basis von Zahlen der Federal Reserve Bank of St. Louis recherchiert.